Einzelhandel
Die Region Hannover ist einer der umsatzstärksten Handelsstandorte in Deutschland. Für 2025 wird im Einzelhandel ein Umsatz von rd. 8,73 Mrd. Euro erwartet, was einem Anstieg von 160 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Hannovers Top-Lagen – Georgstraße, Große Packhofstraße, Bahnhofstraße und Karmarschstraße – ziehen die Kundschaft nach schwierigen Jahren wieder zuverlässig in die Innenstadt. Im Umland prägen Fachmarktagglomerationen, Shoppingcenter, Stadtteillagen und attraktive Innenstädte das Einzelhandelsangebot.
Markstimmung und Trends
Die insgesamt stabilen Frequenzdaten für Hannover bewegen sich weiterhin auf hohem Niveau. Für das Jahr 2024 und das erste Halbjahr 2025 zeigen die Daten, dass die weiterhin schwache Konsumneigung der Verbraucher*innen nur leichte Schwankungen der Besucherzahlen in der Innenstadt von Hannover verursacht. Das erste Halbjahr 2025 liegt dabei ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres. Im Jahresvergleich liegt die Frequenz des Jahres 2024 noch rd. 2,2 % unter dem Vor-Corona-Niveaus von 2019, verzeichnet jedoch einen Zuwachs von rd. 4,0 % gegenüber 2023.
Der positive Trend zeigt sich nach Einschätzungen von Marktteilnehmer*innen auch bei den Vermietungen in den Innenstadtlagen von Hannover. Bereits 2022 und 2023 konnte das Vor-Corona-Niveau wieder übertroffen werden. Im Gesamtjahr 2024 wurden rund 4.600 qm vermietet. Bis zur Jahresmitte 2025 konnten Marktteilnehmer*innen bereits Umsätze von rund 5.700 qm nachvollziehen.
Steigende Frequenzen und höhere Flächenumsätze können aber nur bedingt die nach wie vor sehr angespannte und schwierige Lage im stationären Einzelhandel verbessern. Trotz hoher Passantenfrequenzen und positiver Bewegung im Einzelhandelsbesatz stehen viele Händler*innen vor der Herausforderung, die Kund*innen nicht nur in ihre Läden zu holen, sondern auch nachhaltig ihre Umsätze zu steigern.
Spitzenmieten unter Druck
Der Rückgang der als realisierbar eingeschätzten Mieten in den 1a-Lagen ist zwar weiterhin eher moderat, dennoch ist ein erneuter Abwärtstrend bei den Spitzenmieten für Einzelhandelsflächen erkennbar. Ende 2023 pendelte sich die realisierbare Spitzenmiete (für 100 qm in Bestlage) bei rund 160 Euro pro qm ein und blieb 2024 stabil. Für das laufende Jahr rechnen die Marktteilnehmer*innen mit einem Rückgang auf 150 Euro pro qm.
Es ist weiterhin zu beobachten, dass die Lagebereiche schrumpfen, in denen sich diese Spitzenmiete realisieren lässt. Außerhalb der absoluten Top-Lagen ist mit deutlichen Mietabschlägen zu rechnen.
Fachmarktlagen mit dem Schwerpunkt Lebensmitteleinzelhandel außerhalb der Innenstadt zeigen sich hingegen sehr stabil und weisen nur geringe Leerstandsquoten auf. Stadtteillagen und integrierte Einzelhandelsstandorte im Umland haben nicht zuletzt auch während der Corona-Pandemie von ihrer Nähe zur Kundschaft und ihrer Funktion als Nahversorger profitiert.
Investmentmarktumfeld
Die Nettoanfangsrenditen stabilisieren sich, der Bereich Einzelhandel scheint im zweiten Halbjahr 2025 die dynamischste Assetklasse auf dem Investmentmarkt in der Region Hannover zu sein. Mehrere große Transaktionen haben bereits stattgefunden, darunter der Verkauf des Leine Centers in Laatzen und des ehemaligen Galeria Kaufhof an der Marktkirche. Im letztgenannten Fall ist wahrscheinlich, dass auch der neue Eigentümer den Umbau zu einer Mixed-Use-Immobilie anstreben wird und der Flächenanteil für Handel und Gastronomie deutlich zurückgehen wird.
Laut aktueller Prognose steigt die realisierbare Spitzenrendite für ein Geschäftshaus in 1a-Lage im Jahresverlauf auf ca. 4,8 % und für Fachmarktlagen auf 5,5 % - jeweils ein Anstieg um 10 Basispunkte.
Ausblick: Strukturelle Veränderungen in der Innenstadt
Der Druck auf den Handel nimmt nicht erst aktuell aufgrund vieler Insolvenzen und steigender Leerstände zu. Branchenexpert*innen und lokale Marktteilnehmer*innen sind sich seit längerem darin einig, dass die Innenstädte in Stadt und Region Hannover vor tiefgreifenden strukturellen und strategischen Veränderungen stehen.
Die Innenstädte waren in den letzten Jahrzehnten vor allem vom Handel geprägt. Eine zukunftsorientierte Entwicklung der Innenstadtlagen wird die Aufgabe haben, den Wandel als Chance zu begreifen und Raum für neue Nutzungen, Konzepte und Ideen zu schaffen.
Zukünftig bedarf es multifunktionaler Innenstadtkonzepte: Wohnen, Kultur, Gastronomie, Aufenthaltsqualität, Erreichbarkeit mit dem ÖPNV oder Rad und Dienstleistungen neben dem Handel gewinnen als Entwicklungsbausteine an Bedeutung.
Dieser Wandel wird ein langsamer und anspruchsvoller Entwicklungsprozess, der von allen Beteiligten Geduld, Kapital und Gestaltungswillen erfordert und noch nicht von allen Innenstadtakteur*innen erkannt und angenommen wird.
Innenstadt Hannover: Umbau an mehreren Stellen
Die Herausforderungen für den stationären Einzelhandel und mit ihm auch für die Innenstädte bleiben also vielfältig. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass der Einzelhandels- und Dienstleistungsbereich die gegenwärtige Phase durch Anpassungsfähigkeit, Entschlossenheit und neue Konzepte meistern wird.
Die hohen Passantenfrequenzen in der Innenstadt Hannovers zeigen, dass die Citylagen trotz der Krise im Einzelhandel attraktiv bleiben. Hier liegen Potenziale, die durch die Umsetzung neuer Konzepte und Ideen gehoben werden können.
Hannover investiert derzeit umfassend in die Umgestaltung seiner Innenstadt, um diese zukunftsfähig, lebendig und klimafreundlich zu gestalten. Ziel ist es, den Einzelhandel zu stärken, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und die Innenstadt als urbanen Lebensraum weiterzuentwickeln.
Zentrale Umbauprojekte befinden sich aktuell in der Schillerstraße und Prinzenstraße. Darüber hinaus sind Maßnahmen am Steintor und Opernplatz sowie auf der Achse Thielenplatz-Joachimstraße-Ernst-August-Platz-Hauptbahnhof geplant. Für das nördliche Bahnhofsumfeld rund um den Raschplatz und die Anbindung zur Lister Meile wurde eine Masterplanung auf den Weg gebracht. Zudem konkretisieren sich Pläne für das innerstädtische Quartier UrbanQ am Übergang zur Nordstadt.
Ausblick Handelslandschaft
Der andauernde und teilweise sich ankündigende Leerstand in einem weiteren großen Objekt in der Innenstadt sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Branchenstrategie im Handel gerade verschiebt: statt defensiver Konsolidierung rückt bei Teilen der Händler wieder offensiveres Wachstum in den Vordergrund. Bemerkenswert ist dabei ein Phänomen, das die Komplexität der aktuellen Marktlage verdeutlicht: Während verschiedene Einzelhandelsbranchen insgesamt Umsatzrückgänge verzeichnen, gelingt es einer Vielzahl einzelner Unternehmen, gezielt in ihre Ladennetze sowie Konzepte zu investieren.
Beispielhaft zu nennen sind hier der Verkauf und die Neupositionierung des Mäntelhaus Kaiser unter dem neuen österreichischen Eigentümer Peter Graf, der zweite Standort von Designmöbel-Anbieter smow an der Schmiedestraße oder das nunmehr abschließende Refurbishment der Galerie Luise durch die Hamburger Unternehmensgruppe Momeni. Auch bekannte internationale Labels wie Stradivarius, ONLY oder Urban Outfitters haben sich in der Innenstadt repositioniert oder sind neu in den Markt eingetreten.
Diese Entwicklung wird durch weitere kleinere Neueröffnungen und Ansiedlungen in den 1a-Lagen der Innenstadt ergänzt. Dazu zählen etwa die Schweizer Schokoladenmanufaktur Läderach im Kröpcke Center sowie gastronomische Neueröffnungen wie Cinnamood in der Große Packhofstraße und Peter Pane in der Georgstraße.
Diese Divergenz zwischen Branchenkonjunktur und Firmenkonjunktur zeigt, dass eine erfolgreiche Differenzierung und Positionierung im Handel mehr denn je über den Geschäftserfolg entscheiden kann.