WOHNIMMOBILIENMARKT

DYNAMIK KÜHLT SICH AB, POLYKRISEN WIRKEN SICH AUF NACHFRAGE UND ANGEBOT AUS.
Immobilienmarktbericht 2023 Region Hannover – WOHNIMMOBILIEN

Regionale Unternehmen und vor allem die Nachfrage von privaten Haushalten prägen den Wohnimmobilienmarkt in der Region Hannover. Die Bevölkerungsentwicklung in der Landeshauptstadt und den angrenzenden Kommunen hatte in den letzten Jahren grundsätzlich zu einer steigenden Nachfrage auf dem Wohnimmobilienmarkt über alle Angebotssegmente und Preisklassen hinweg geführt.

{Bild:Tabelle Wohnen Immobilienmarkt}

{Bild:Seitenumbruch}

MARKTSTIMMUNG UND TRENDS (Stand Oktober 2023)

Spürbare Zurückhaltung bei Kaufnachfrage

Die Preise auf dem Wohnimmobilienmarkt sind in den letzten zwölf Monaten gesunken. Die Dynamik der letzten Jahre bei Mieten, Renditen und Kaufpreisen ist aktuell ausgesetzt, es ist eine mehr oder weniger starke Abkühlung von Teilen des Marktes zu erwarten. Unter den gegenwärtigen Finanzierungs- und Erstellungsbedingungen sinkt bei den privaten Haushalten in der Breite das Kaufbudget und für institutionelle Anleger*innen, Projektentwickler*innen, Wohnbauunternehmen und -genossenschaften steigt das Risiko in Bezug auf die erwartete Rendite.

{Bild:Wohnungsmieten im Spitzenpreissegment in Hannover 2018 bis 2023}

Das hohe Zinsniveau engt die finanziellen Spielräume kaufwilliger Interessent*innen zunehmend ein. Zum einen werden Finanzierungsvorhaben
von den Banken kritischer durchleuchtet und führen in der Summe zu niedrigeren Budgets vor allem für die privaten Haushalte, die einen deutlich
höheren Teil des verfügbaren Einkommens als in der letzten Dekade gewohnt für Wohnen und die damit verbundenen (ebenfalls gestiegenen)
Nebenkosten aufwenden müssen. Auch bei institutionellen Investor*innen sind hohe Fremdkapitalquoten aktuell nicht wirtschaftlich. Das
führt dazu, dass sich aus der Wahrnehmung der Marktteilnehmer*innen heraus das Transaktionsvolumen im Laufe des ersten Halbjahres 2023
mehr als deutlich reduziert hat. 

Merkmale einer Trendwende sind im Moment vor allem auf dem Markt für gebrauchte Immobilien ablesbar. Die geschilderten Effekte verursachen
einen stark spürbaren Rückgang der Kaufnachfrage, vor allem die Preise im Bestand haben als Erstes mit Rückgängen reagiert. In der Region
gingen bspw. im Vergleich des ersten Quartals 2023 zum Vorjahresquartal 2022 die Preise für Doppel- und Reihenhäuser sowie Eigentumswohnungen im Mittel um 10 % zurück, für Ein- und Zweifamilienhäuser um etwa 14 %. Insbesondere das Angebot von Wohnungen ist in der Landeshauptstadt aber weiterhin knapp und dämpft die Preise stärker als im Umland. Die Angebotspreise für gebrauchte  Eigentumswohnungen gaben in der Stadt Hannover im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 14 % nach, Doppel- und  Reihenhäuser waren rund 11 % günstiger, Ein- und Zweifamilienhäuser 18 % (Quelle: LBS Nord).

Diese beispielhaften Beobachtungen bei den gebrauchten Immobilien lassen sich aus Sicht der Marktteilnehmer*innen im Moment nur bedingt direkt auf die im Immobilienmarktbericht dargestellte Preisentwicklung für Eigentumswohnungen im Neubau und in den guten Lagen im Bestand übertragen. Aber auch hier erwarten die Marktteilnehmer*innen im Laufe des Jahres erste Rückgänge bei den Kaufpreisen im Neubau um etwa 3 %.


{Bild: Diagramm Kaufpreis}

Die schwierig einzuschätzende Situation im Wohnimmobilienmarkt lässt sich vor allem beim Blick auf die sogenannten Vervielfacher erfassen, die als wichtiger Indikator auf dem stark professionalisierten und für Investor*innen relevanten Markt für Mehrfamilienhäuser herangezogen werden. Aus Sicht der Marktteilnehmer*innen ist der Handel mit diesen Immobilien Mitte 2023 im Prinzip zum Erliegen gekommen, die Angebotspreise und damit die Vervielfacher sind mit Blick auf die wenigen wahrnehmbaren bzw. durchgeführten Transaktionen um bis zu ein Drittel zurückgegangen, teilweise auch in Erwartung strengerer Anforderungen an die Energieeffizienz vor allem der Bestandsobjekte nach Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes bzw. der Maßgaben der EU-Taxonomie. Die für 2023 im Immobilienmarktbericht prognostizierten Vervielfacher drücken aus Sicht der Marktteilnehmer*innen derzeit vor allem die Verhandlungsposition der Käufer*innen aus, während die Verkäufer*innen abwartend
verharren. Der Prozess der Preisfindung vor allem im Bereich der Neubauimmobilien ist noch nicht abgeschlossen. Die Darstellung von Referenzwerten mit Blick auf das geringe Transaktionsgeschehen und die Entwicklung der realisierbaren Mieten kann aktuell nur als erste Trendeinschätzung im laufenden Jahr 2023 gesehen werden.


{Bild: Diagramm Vervielfacher}

Energiekosten bzw. -anforderungen erhöhen den Druck für Mieter*innen und Vermieter*innen zusätzlich

Der Mietmarkt gerät zunehmend stärker unter Druck, auch weil potenzielle Käufer*innen in der aktuellen Situation als Mieter*innen im angespannten Markt verbleiben und die Nachfrage zusätzlich erhöhen. Die Marktteilnehmer*innen erwarten mit Blick auf die im  Immobilienmarktbericht dargestellten Mietpreisentwicklungen sowohl im Neubau als auch im Bestand in den guten Lagen deshalb
weiterhin steigende Mieten, in der Spitze von bis zu 16,90 Euro pro qm im Neubau bzw. 13,80 Euro pro qm bei der Wiedervermietung im Spitzenpreissegment. (Verweis: Zur Einordnung der im Immobilienmarktbericht ausgewiesenen Mieten für Spitzenlagen: Der aktuelle Mietspiegel
für die Stadt Hannover weist 2021 in der Breite für gute Wohnlagen und neue bzw. neuwertige Wohnungen (ab Baujahr 2010) mit mehr als 85 qm Wohnfläche eine Mietenspanne von 10,16 bis 14,19 Euro Kaltmiete pro qm aus. Eine Aktualisierung des Mietspiegels erfolgt erst Anfang 2024. Weitere Informationen und differenziertere Auswertungen für unterschiedliche Baualtersklassen, Größen und Lagen für alle 21 regionsangehörigen
Kommunen finden sich unter www.hannover.de/mietspiegel.).

Bei den laufenden und bereits lange geplanten Projekten sind die beschriebenen Effekte teilweise noch nicht in aller Schärfe zu erkennen. Diese sind meist bereits im Bau; die Finanzierungen der Investor*innen sind teilweise noch zu alten Konditionen gesichert. Aber u. a. gestiegene Baustoffkosten, brüchige Lieferketten und Fachkräftemangel führen dazu, dass neue Projekte und in Teilen die Entwicklung von weiteren  Bauabschnitten bereits geplanter Baugebiete sich vorerst verzögern. Im Ergebnis fehlen perspektivisch dringend benötigte Wohnungen, was den
Druck im Mietmarkt zusätzlich erhöht.


{Bild:Seitenumbruch}

Skepsis über die weitere Entwicklung

Die Unsicherheit wegen der vielen und sich teilweise gegenseitig verstärkenden Effekte ist auf Angebots- und Nachfrageseite groß.
Weil aber in der Stadt viele große Wohnbauprojekte angeschoben sind (Kronsberg, Wasserstadt Limmer), rechnen die Marktakteur*innen zumindest im laufenden Jahr nicht mit einem starken Rückgang der Fertigstellungszahlen am Standort Hannover, wenngleich die  Genehmigungszahlen bereits rückläufig sind. Um den ungebrochenen Bedarf an preiswertem bzw. gefördertem Wohnraum auch unter den aktuellen Bedingungen zu decken, sehen die regionalen Akteur*innen deutlichen Handlungsbedarf. Der Spielraum für Preissteigerungen
bei freifinanzierten Wohnungen ist aus Sicht der Projektentwickler*innen und Wohnungsbauunternehmen ausgeschöpft.

Diese Veränderungen am Markt müssen aus Sicht der Marktteilnehmer*innen akzeptiert und entsprechend bei der weiteren Ausgestaltung
der Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau berücksichtigt werden

Maßnahmen der öffentlichen Hand

Neben den umfangreichen Förderprogrammen des Landes Niedersachsen bieten Landeshauptstadt und die Region Hannover mit ihrem Wohnraumförderprogramm zusätzliche Angebote, die Schaffung von sozialem Wohnraum zu fördern – sowohl für Haushalte mit geringem als auch mit mittlerem Einkommen.

Mit der WohnBauInitiative (WoBI) unterstützt die Region Hannover die regionsangehörigen Städte und Gemeinden bei der Wohnraumversorgung und wirbt für mehr und verdichteten Wohnungsbau, insbesondere im Marktsegment Mehrfamilienhausbau. Hierzu nutzt die Initiative verschiedene Instrumente, um die regionsangehörigen Kommunen in den Bereichen Innenentwicklung und Bestandsaktivierung sowie  Flächenaktivierungsstrategien zu unterstützen. Unter anderem wird die Lokalpolitik für das Thema Mehrfamilienhausbau, höhere Dichten und
Nachhaltigkeit (Wärmeversorgung) sensibilisiert. Planungsverwaltung und lokale Immobilienwirtschaft diskutieren gemeinsam in Netzwerken über die Zukunft des modernen Wohnungsbaus, der modern, bezahlbar und nachhaltig sein soll. Auch die Landeshauptstadt Hannover strebt eine Verlängerung und Ausweitung ihrer erfolgreichen Wohnbauinitiative mit der regionalen Wohnungswirtschaft und eine Fortschreibung des
Wohnkonzeptes bis 2035 an. 

Kurz- und langfristig marktprägende Entwicklungen hinterlassen deutliche Spuren

Zinsen, Inflation, Energiepreise und die Folgen des Krieges in der Ukraine sowie der auslaufenden Corona-Pandemie und der fortschreitenden Klimakrise verunsichern viele potenzielle Investor*innen und Projektentwickler* innen, die sich in die Markt-beobachtung zurückziehen. Zu unsicher und nicht abschätzbar erscheinen derzeit die sich zuspitzenden Krisen und Herausforderungen. Sobald sich die Trends in den skizzierten Entwicklungen klären und festigen, ist damit zu rechnen, dass auch am regionalen Markt die Käufer*innen aktiv zurückkehren und sich
auf beiden Seiten die Preisvorstellungen entsprechend anpassen. Die aktuellen Prognosen zeigen einen Einbruch bei den Preisen
bzw. den Kaufpreisvorstellungen, sowohl beim Bestand als auch im Neubau. Mit Notverkäufen von Core-Projekten ist zwar nicht zu rechnen. Allerdings wird es bei Projektentwicklungen zu neuen Bewertungen kommen, wenn die Mischung aus steigenden Baukosten, Zinsen und sich verengenden Exit-Faktoren dazu führt, dass die auf früheren Annahmen aufbauenden Kalkulationen nicht mehr aufgehen.

NACHHALTIGKEIT UND ENERGIEEFFIZIENZ BESTIMMEN DIE WAHL DER WOHNIMMOBILIE IMMER DEUTLICHER.

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