RE:BOOT für die Veranstaltungsbranche

Wir brauchen Planungssicherheit! Vor der Corona-Krise war Deutschland eine Kulturnation und Hannover ein Hotspot für Messen und Kongresse. Seit Februar letzten Jahres leiden Kultur- und Veranstaltungsbranche unter immensen Einbußen bis hin zur Existenznot. 

Erste Öffnungsschritte etwa von Museen sind getan und weitere wie die Konzertreihe „Back on Stage“ von Hannover Concerts oder die „Fête de la Musique“ in Hannovers City werden folgen. Im Livestream-Event von hannoverimpuls und dem kreHtiv Netzwerk Hannover machen Branchen-Vertreter*innen und Verantwortliche aus der Wirtschaft der Region Hannover die Lust auf den Wiederanfang deutlich. Doch bei aller Vorfreude: Es ist noch ein weiter Weg, bei dem die Branche Hilfen und verlässliche Perspektiven braucht. 

„Jedes Fest hat einen längeren Vorlauf. Das Maschseefest beispielsweise braucht drei Monate Planung, das ist für August nicht mehr zu schaffen“, erläutert etwa Hannovers Tourismuschef Hans Nolte. Und auch Nico Röger, Geschäftsführer von Hannover Concerts, tritt bei Groß- oder Indoor-Veranstaltungen auf die Bremse: „Wir müssen behutsam vorgehen. Ohne Unterstützung können wir zurzeit keine Veranstaltung anbieten, die sich rechnet.“ „Wir müssen jedem Menschen ein Sitzangebot machen“, ergänzt Gunnar Geßner, Projektleitung im MusikZentrum Hannover, die aktuellen Herausforderungen der Branche.

Die Aufbruchstimmung ist bei allen spürbar, doch von der Politik erwarten sie verlässliche Perspektiven.

So dürften jetzt kurzfristig Hannovers Discos wieder öffnen, doch die Betreiber*innen suchen erst einmal wieder Personal. Wie können Theater, Kinos, Konzertsäle und Messen für Publikum öffnen? „Wir brauchen den Dialog der Politik mit uns und eine Sicherung unserer Substanz“, fordert Julia von Wild, stellvertretende Vorsitzende der Live Musik Kommission LIVEKOMM, dem Verband der Musikspielstätten in Deutschland, in ihrem Impulsvortrag. Die 2.000 Spielstätten in Deutschland mussten 2020 einen Umsatzrückgang von 90 Prozent und einen Personalabbau von 75 Prozent verschmerzen – Konzepte für den Übergang in die „neue“ Normalität sind nötig.

Neben den außerordentlichen Wirtschaftshilfen, der Überbrückungshilfe III und Neustarthilfe sowie dem Programm „Neustart Kultur“ hat der Bund vor wenigen Tagen den Sonderfonds für Kulturveranstaltungen im Volumen von bis zu 2,5 Milliarden Euro beschlossen. Ab 1. Juli 2021 können Veranstalter für Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen und ab 1. August für Veranstaltungen mit bis zu 2.000 Personen Mittel erhalten, wenn die Zahl der Zuschauer*innen bei Veranstaltungen coronabedingt reduziert ist. Außerdem bietet der Sonderfonds ab 1. September 2021 eine Ausfallabsicherung für die Planung größerer Veranstaltungen ab 2.000 Teilnehmer*innen.

„Die aktuellen Lockerungen sind ein Lichtblick für die Branche, die es ermöglichen - unter Einhaltung bestimmter Restriktionen – wieder zu öffnen“, freut sich hannoverimpuls-Geschäftsführerin Doris Petersen, die Veranstalterin des Abends. „Das Team unserer Wirtschaftsförderung steht auch jetzt wieder bereit, um zu beraten und bei Anträgen zu helfen. Wir dürfen nicht vergessen, dass beispielsweise am Messe- und Kongressstandort Hannover direkt und indirekt rund 15.000 Arbeitsplätze und eine signifikante Wertschöpfung für die Region hängen. Die Unternehmen brauchen jetzt eine Perspektive für den Neustart.“ 

Messen und Kulturveranstaltungen sind nicht nur wichtig, um Innenstädte wieder zu beleben, sondern es ist auch so, dass der Exportweltmeister Deutschland die Veranstaltungswirtschaft dringend braucht, um seine Produkte zu präsentieren. Übrigens finden unter anderem rund die Hälfte aller Geschäftsreisen nach Deutschland wegen Veranstaltungen statt.

„Ich glaube daran, dass, sobald es möglich ist, und die Menschen Vertrauen in die Hygienekonzepte haben, sie sofort wieder beginnen, Tickets zu kaufen und Veranstaltungen zu besuchen. Ich hoffe sehr, dass die Konzepte, die jetzt vorgestellt werden, nachhaltig und für diejenigen, die sie durchführen auch wirtschaftlich sind“, sagt Mitveranstalter Tobias Lüttig, Mitglied im Vorstand kreHtiv Netzwerk Hannover. Der Vorverkauf der Open-Air-Veranstaltungen von Hannover Concerts auf der Gilde Parkbühne mit 999 statt bisher 5.000 Zuschauern bestätigt das Interesse des Publikums und macht Hoffnung auf mehr.

Nico Röger, Gunnar Geßner, Tobias Lüttig, Hans Nolte, Julia von Wild und Gastgeberin Doris Petersen diskutierten gemeinsam, welche Impulse jetzt den Neustart unterstützen können. Dabei machen das neue Wir-Gefühl der Branche und diverse Formen der Zusammenarbeit Hoffnung. Auch das aus der Not geborene Streaming hat seine Fans gefunden und wird in Teilen bleiben, da sind sich alle einig. Den Hunger auf Live-Erlebnisse empfinden auch Veranstalter*innen wie Nico Röger: „Ich freue mich jetzt schon auf den ersten Gänsehautmoment vor Ort!“


Foto: Philipp Linss
(v.Li.) Nico Röger (Hannover Concerts), Gunnar Geßner (MusikZentrum), Jan Egge Sedelies (Moderator), Doris Petersen (hannoverimpuls), Hans Nolte (HMTG) beim digitalen Event im MusikZentrum Hannover

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