EINZELHANDEL
Die Region Hannover ist einer der umsatzstärksten Handelsstandorte in Deutschland. Für 2022 liegen die Prognosen für die Region bei rund 7,64 Mrd. Euro Umsatz im Einzelhandel. Neben der Innenstadt von Hannover mit den Top-Lagen Georgstraße, Große Packhofstraße, Bahnhofstraße und Karmarschstraße prägen regionsweit Fachmarktagglomerationen, Shoppingcenter, Stadtteillagen und attraktive Innenstädte im Umland den Einzelhandelsstandort Hannover.
MARKTSTIMMUNG UND TRENDS
Die Handelsunternehmen in Stadt und Umland mussten 2021 ein weiteres schwieriges Pandemiejahr verkraften. Dennoch deutete sich zu Jahresbeginn 2022 eine Erholung an. Die Passantenfrequenzen in der Innenstadt von Hannover bewegen sich aktuell oberhalb des Vor-Corona-Niveaus und auch der Flächenumsatz in den 1a-Lagen konnte in 2021 wieder deutlich zulegen auf gut 5.500 qm (plus 3.500 qm im Vergleich zu 2020).
Nachdem die Spitzenmiete in den 1a-Lagen 2021 auf rund 175 Euro pro qm nachgab, wird sich dieser Wert nach Einschätzung der Marktteilnehmenden 2022 zunächst stabilisieren können. Allerdings unter der Voraussetzung, dass die mit der Corona-Pandemie verbundenen früheren Einschränkungen weitgehend aufgehoben bleiben. Die dynamische Entwicklung der Inflation könnte bis zum Jahresende allerdings noch zu Mietpreisdämpfungen führen, wenn der für den innerstädtischen Einzelhandel wichtige private Konsum durch die Inflation nachhaltig gebrochen wird.
Nicht zuletzt durch den aktuellen Leerstand der ehemaligen Karstadt-Filiale in der Georgstraße und die angekündigte Aufgabe des Standorts von Galeria Kaufhof an der Marktkirche Anfang 2023 stehen einschneidende strukturelle und strategische Veränderungen vor allem in der Innenstadt an. Dabei ist die Corona-Pandemie nicht als Auslöser der Krise des stationären Einzelhandels zu sehen, sondern festigt bestehende Trends im Handel.
In Hannovers Top-Lagen ist in den letzten Jahren bereits ein Rückgang der Mieten zu beobachten gewesen. Aktuell stabilisieren sich aber die Spitzen- und Durchschnittsmieten. Der Onlinehandel als Wachstumstreiber kann seine Position festigen und zulasten des stationären Handels ausbauen. Insolvenzen und Strategiewechsel, insbesondere bei den großflächigen Warenhäusern, im Modefachhandel und in der Gastronomie, hinterlassen erste Lücken in den Innenstadtlagen von Hannover und den Mittelzentren im Umland. Insgesamt könnte die aktuelle Situation perspektivisch dazu führen, dass viele (filialisierte) Konzepte Standorte dauerhaft verlassen bzw. ihre Präsenz in klassischen Handelslagen der Innenstädte deutlich reduzieren. Dies erhöht einerseits den Druck auf den Handel, schafft aber auch Raum für neue Konzepte.
Der Handel erfindet sich in Teilen bereits neu – etwa mit Showroom- und Flagshipstore- Konzepten, die die Kundschaft emotionaler ansprechen und/oder den stationären Handel stärker mit den eigenen Onlineangeboten verknüpfen. Die freiwerdenden oder neu entstehenden Flächen werden häufiger auch durch krisenresilientere Nahversorger belegt. Der Flächenbedarf sinkt allerdings insgesamt, so dass kreative Konzepte zur Belebung der Innenstadt wie der 2021 von der Stadt Hannover initiierte Innenstadtdialog an Relevanz gewinnen. Das Konzept folgt einem integrierten Ansatz, in dem städtebauliche, verkehrliche, kulturelle, ökologische und soziale wie wirtschaftliche Aspekte miteinander verwoben werden. Es bietet die Grundlage für langfristige Ziele: So soll die Stadt Hannover bis 2035 klimaneutral sein und die Innenstadt selbst krisenresistenter und widerstandsfähiger werden.
Stadtteillagen und integrierte Einzelhandelsstandorte im Umland scheinen aktuell von ihrer Nähe zur Kundschaft und ihrer Nahversorgungsfunktion zu profitieren, geraten durch die steigende Inflation zur Jahresmitte 2022 aber auch zunehmend unter Druck. Viele Handelsunternehmen nehmen weiterhin eine abwartende bzw. vorsichtige Haltung ein. Das dürfte sich auch auf die Nachfrage bzw. Positionierung von Handelsimmobilien am Investmentmarkt auswirken. Wie stark diese Effekte ausfallen und wie lange sie anhalten werden, ist derzeit noch kaum abschätzbar.